Trainingsraum

Respekt kann man trainieren


Meistens sind es nur wenige Schüler in einer Klasse, die sich nicht an die Regeln halten und damit die Mehrheit am Lernen hindern. Jeder Lehrer hat seine persönlichen Strategien im Umgang mit Unterrichtsstörungen. Von seinem Durchsetzungsvermögen und seiner Tagesform ist es abhängig, ob Arbeitsruhe entsteht und lernbereite Schüler sich konzentrieren können.

 

Besonders zu schaffen macht dabei vielen Lehrern, dass sie ihre Aufmerksamkeit so 'ungerecht' verteilen müssen und über Gebühr denen widmen, die sich über geltende Regeln hinwegsetzen.
Das Bemühen um Ruhe und Konzentration kostet unendlich viel Zeit und Kraft und gerät nicht selten zum Machtkampf, der die Unterrichtsatmosphäre für alle nachhaltig vergiftet.

 

Einen Ausweg aus dieser Situation probiert die IGS Vahrenheide/Sahlkamp seit Beginn des Schuljahres 2003/04. Seit diesem Zeitpunkt arbeitet sie als eine der ersten hannoverschen Schulen mit dem Trainingsraumprogramm, das ursprünglich an einer Innenstadthauptschule in Bielefeld entwickelt wurde.


Das Programm basiert auf drei Grundregeln:

  1. Jede/r Lehrer/in hat das Recht ungestört zu unterrichten.
  2. Jede/r Schüler/in hat das Recht ungestört zu lernen.
  3. Jede/r muss die Rechte der Anderen respektieren.

 

Wenn ein Schüler nach einer ausdrücklichen Ermahnung weiterhin gegen diese Regeln verstößt, entscheidet er sich damit, die Klasse zu verlassen und muss im 'Trainingsraum' mit Unterstützung eines Lehrers einen Rückkehrplan erarbeiten. Darin muss er sich mit der Art seiner Störung und Möglichkeiten, diese zukünftig zu vermeiden, auseinandersetzen. Erst, wenn ein akzeptabler Plan entstanden ist, kann der Schüler wieder am Unterricht teilnehmen.

 

Den allermeisten Schülern, auch denen, die immer wieder stören, ist es wichtig, in der Klasse zu sein. Diese sehen sich nun gezwungen, die vereinbarten Regeln einzuhalten, um dort sein zu dürfen. Diese Einigung wird aber nicht im Klassenraum auf Kosten der lernbereiten Mehrheit und in einem oft zähen Ringen um die Frage 'Wer ist hier der Stärkere?' erzielt, sondern findet draußen statt.

 

Die Vorteile liegen auf der Hand: Lernbereite Schüler werden geschützt, Lehrer werden entlastet und häufig störende Schüler werden mit den Folgen ihres Handelns konfrontiert und müssen Verantwortung dafür übernehmen.

 

Der Trainingsraum ist ein wichtiger Bestandteil der sozialen Förderung an unserer Schule: Schüler, die es innerhalb einer Klasse gelernt haben, rücksichtsvoll und mit Respekt vor den Interessen Anderer zu agieren, die teamfähig sind, haben damit eine im beruflichen Leben immer wichtiger werdende Schlüsselqualifikation erworben.

 

Bei einer ersten, frühen Befragung an der IGS Vahrenheide/Sahlkamp war die Zustimmung zu dem Programm bei Lehrern und Schülern groß. Am Ende des laufenden Schuljahres, also nach 2 Jahren Erprobung, wird entschieden, ob das Konzept angesichts knapper werdender Ressourcen fortgeführt werden, ob eine ruhige und entspannte Lernatmosphäre in problematischen Klassen wieder einkehren kann.

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